Stahlplattendarstellung als Salz in der Suppe

Nun ist der Rumpf soweit bauseitig hergestellt, dass er schon hätte lackiert werden können. Beim genauen Betrachten fehlt aber etwas Entscheidendes: die grobe Rumpfbeplankung des Originals, denn zurzeit des Titanic-Baues Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurden die Stahlplatten der Rümpfe nicht verschweißt, sondern genietet.

 

Lange habe ich überlegt, wie diese übereinander liegenden Stahlplatten von gut einem Zoll Stärke beim Vorbild am Modell dargestellt werden könnten. Dünnes Blech oder dünne ABS-Platten wurden wegen der schlechten Biegbarkeit an starken Krümmungen verworfen. Auch Kunststoff-Folie wegen des weichen Materials, an dem dann später Kratzer und Griffspuren hätten sichtbar werden können.

Eine mögliche Methode wäre es, auf den sauber verschliffenen und grundierten Rumpf die Stahlplatten aufzuzeichnen und diese Umrisse mit einer dünnen Klebenaht zu versehen. Das erfordert eine äußerst ruhige Hand. Man könnte wasserfesten Holzkleber nehmen und ihn evtl. leicht verdünnt in eine kleine Plasteflasche füllen. Über eine Kanüle wird dann ein dünner Strich auf der vorherigen Markierung gezogen. Wenn der Kleber fest ist und der Rumpf erhält die Lackierung, dann heben sich diese Leimstriche deutlich von der glatten Oberfläche ab. Wichtig ist nur, die richtige Konsistenz des Klebers zu finden. Ist er zu dünn, verläuft der so gezogene Strich; ist er zu dick, so werden die Striche leicht ungleichmäßig und die viele Mühe wäre umsonst. Also, bei dieser Methode unbedingt probieren. Einen Vorteil gibt es hierbei. Ist mal etwas danebengegangen, so kann man den frischen Kleber einfach wegwischen. So kann man übrigens auch ganz hervorragend Schweißnähte darstellen. Selbst die einzelnen Nieten lassen sich durch kleine Klebstoffpunkte nachbilden. Zum Schluss empfehle ich jedoch bei dieser Methode, den gesamten Rumpf nochmals mit einer dünnen Epoxi-Schicht zu überrollen. Dies muss nun aber sehr vorsichtig erfolgen, denn jede "Nase" ist jetzt zu sehen!

 

Ich habe mich trotzdem nicht für diese Methode entschieden, denn ich fand eine Beplankungsmethode, die noch wesentlich originaler aussieht, die allerdings auch recht aufwändig ist. Ein viertel Jahr an Arbeit kann man hier schon einplanen. Man kann es auch durch Dauerarbeiten schneller schaffen, doch dann entzürnt man sich wohl endgültig mit seiner Ehefrau.

Ich fand eine Aluminiumfolie, wie sie bei der Herstellung von Verkehrszeichen verwendet wird. Sie ist selbstklebend, nur zwei Zentelmillimeter stark, gut lackier- und schneidbar, passt sich hervorragend dem Untergrund an und erfüllt somit alle Voraussetzungen. Heute hört es sich so selbstverständlich an, doch ich brauchte mehrere Wochen, bis ich alle Tests an der Folie durchgeführt hatte. Ich wollte nicht Gefahr gehen, einen so großen Aufwand zu betreiben und letztlich den Rumpf wegschmeißen zu können. Der Kleber hält nämlich so gut, dass man ohne Werkzeug die Folie nicht wieder abbekommt.

Bei der Herstellung meines ersten Rumpfes hatte ich nur wenige Detailzeichnungen, so dass die einzelnen Plattenimitationen so gewählt wurden, wie es die Zeichnungen hergaben. Für den normalen Betrachter und auch meinen damaligen Ansprüchen reichte das aus. Wer das Modell in Zürich oder Hamburg gesehen hat, kann sich ja selbst ein Urteil bilden. Bei meinem jetzt fast fertigen zweiten Rumpf habe ich schon genau darauf geachtet, dass möglichst die Platten so sitzen, wie im Original.

Überall war das auch nach Auswertung meines gesamten Fotofundusses nicht möglich, aber das sind Ausnahmeflächen unterhalb des Rumpfes oder an den Wellentunneln. Zunächst wurden die Linien mit Bleistift auf den Rumpf gezeichnet. Ich begann mittschiffs etwa in Höhe E-Deck. Hier ist die sorgfältigste Arbeit notwendig, denn man entscheidet nun über die spätere Qualität. Wenn man das Original betrachtet, stellt man fest, dass immer eine obere Stahlplattenschicht über einer darunter liegenden befestigt ist. Also schnitt ich mir jetzt aus der Aluminiumfolie Streifen in der notwendigen Breite und diese wiederum längte ich so ab, wie es die Plattenmaße vorgaben (Die meisten Platten des Originals waren "genormt").

Am Ende dieser unteren Platten stach ich dann von der Rückseite des Materials winzige Löcher im Abstand von einem Millimeter. Dafür legte ich mir eine doppelte Lage des gleichen Materials unter, um durch den Einstich die gewünschte Nietenimitation zu erzielen. Mir gefiel diese Methode außerordentlich gut. Die Einstiche kann man auch mit einem kleinen Rädchen machen, wie es die Schneider zum Markieren eines Stoffes benutzen. Das ist effizienter und sieht schön gleichmäßig aus.

 

Nun klebte ich, am Heck beginnend, die Streifen auf die später untere Reihe. Ein kleiner Überstand zum nächsten Plättchen von ca. 1 mm ließ gleich eine Aufdoppelung entstehen. Dann kam die übernächste Reihe dran usw. Der so entstandene Zwischenraum wird nun durch die obere Platte geschlossen. Diese versah ich jedoch auf drei Seiten mit der Nietenimitation, viele nach Originalbefund mit einer doppelten Reihe Nieten. Hier muss gesagt werden, dass ich für diese oberen Reihen zwei der Aluminiumstreifen übereinander klebte. Das verstärkte den maßstabsgerechten Eindruck.

Platte für Platte kann man so Fortschritte erkennen, auch wenn man manchmal am Rand der Selbstaufgabe ist. Ich habe die Plättchen nicht gezählt, aber es sind einige Quadratmeter der Folie draufgegangen. Beachten sollte man die verstärkte Beplattung im Bereich des Mittelschiffes in Höhe C- und D-Deck. Hier wurde die Folie sogar vierfach übereinander geklebt und viele Verstärkungen mussten zusätzlich angebracht werden. Diese Mehrarbeit entschädigt aber auf jeden Fall die Mühe, denn diese Beplattung sieht wirklich gut aus.

Hier befinden sich auch komplette Nietenreihen zwischen den Bullaugen, manchmal gekreuzt, manchmal bis zu drei- oder vierfach genietet. Ich habe mir dafür eine durchsichtige Schablone aus Pergamentpapier gebastelt, habe auf ihr die Lage der schon vorhandenen Bullaugen markiert und dann die Nieten mit dem Bleistift markiert. Um möglichst viele Nieten am richtigen Fleck zu haben, kopierte ich alle möglichen Bilder ab, die diesen Bereich darstellten und pflasterte damit fast eine komplette Wand in meiner Garage. Dieser Aufwand hat sich aber gelohnt, wenn auch dieser eine Meter Folie fast genau soviel Arbeit machte, wie der gesamte Rumpf. Ein erleichterndes Gefühl überkommt einem schon, wenn dann die letzte Platte angebracht ist. Auch dieses Ergebnis wurde dann dünn mit Epoxid-Harz überrollt und seitdem sind die Platten bombenfest.

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